Das Museum VILLA STUCK veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Museum der Moderne Salzburg und der Generali Foundation, mit der Unterstützung des Istituto Italiano di Cultura, die bisher größte Einzelausstellung der Künstlerin als ein Projekt in zwei Kapiteln, die in beiden Städten zur gleichen Zeit zu sehen sind. Beide Präsentationen ergänzen sich und bieten einen Überblick über Senatores Gesamtwerk. Fragen nach der Spannung zwischen Individuum und Kollektiv, nach Sehnsüchten und Zugehörigkeit, nach gesellschaftspolitischer Inklusion und alternativen Organisationsformen werden ebenso erörtert wie das transformative Potenzial derKunst. Neben zahlreichen Zeichnungen, Collagen, Bannern und Lichtinstallationen wird in München ein offener Projektraum zur Verfügung stehen, der sowohl individuell als auch im Rahmen der angebotenen Workshops nutzbar ist. Dazu werden ältere Projekte durch partizipative Installationen im Museum neu aktiviert, so die offene Bibliothek „The Word Community Feels Good“ und das Filmstudio „Rosas Movie Set“.
Eröffnung am Mittwoch, den 3. Mai 2023, ab 19 Uhr, Villa Stuck
Begrüßung: Michael Buhrs, Direktor Museum VILLA STUCK;
Eröffnung der Ausstellung: Dr. Florian Roth, Stadtrat der Landeshauptstadt München in Vertretung des Oberbürgermeisters;
Einführung: Dr. Helena Pereña , Kuratorin der Ausstellung.
Ausstellungsdauer: 4. Mai bis 10. September 2023
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Erster Freitag im Monat 11 bis 22 Uhr
Foto: Marinella Senatore, The School of Narrative Dance, Venice, 2015, Courtesy the artist and Creative Time, New York City, Photo: Andrea Samonà
Marinella Senatore (geb. 1977) ist eine zentrale Figur der Gegenwartskunst. Mit ihren Projekten schafft sie Orte, an denen Menschen gemeinsam etwas entwickeln und ihre Kreativität entfalten können. Nach der Tradition der griechischen Agora, des römischen Forums oder des örtlichen Hauptplatzes stellt die Künstlerin Rahmenbedingungen her, um diese Begegnungen zu ermöglichen und zu begleiten. Ihre Kunst schafft Öffentlichkeit. Sie kanalisiert zwischenmenschliche Energie, um Gemeinschaft zu stiften und das Kunstprojekt zu einer identitätsbildenden Grundlage zu machen. Zusammen werden Filme gedreht, Radiobeiträge verfasst oder Tanzaufführungen vorbereitet. Wenn die Künstlerin über ihre Arbeit spricht, zählt sie nicht die entstandenen Werke auf, sondern die Mitwirkenden: Inzwischen sind es mehr als sieben Millionen Menschen weltweit.
Eine Ausstellung in zwei Kapiteln
Neben den prozessual angelegten Projekten, die als partizipative Installation oder als Aktion im öffentlichen Raum konzipiert sind, umfasst ihr Werk Zeichnungen, Collagen, Fotografien, Textilien, Fotografien, Soundkompositionen, Filme, Malereien, kleine Skulpturen und Lichtinstallationen, sogenannte Luminarie,die zum Teil kollaborativ entstanden sind. Die einzelnen Arbeiten stehen in Zusammenhang mit den großen partizipativen Projekten. Oft verarbeitet die Künstlerin diverses Material, das von Mitwirkenden eingebracht wurde. Die Zeichnungen zeugen zudem von ihren eigenenErfahrungen als internationale Aktivistin, auch wenn sie manchmalZeitungsausschnitte oder ikonische Fotoaufnahmen als Vorlage nimmt. Viele der Werke tragen literarische, philosophische und politische Parolen, die Mitwirkende bei den Treffen einbringen. Zusammen gesehen und gelesen, ergänzen sie sich, während sie ihr Bedeutungspotenzial durch einen neuen Kontext erweitern: We Rise by Lifting Othersist zu einer Absichtserklärung geworden.
The School of Narrative Dance
Bereits seit über zehn Jahren wird „The School of NarrativeDance“ (dt.: Die Schule des narrativen Tanzes) weltweit aufgeführt: Das Projekt ist auch in München ein zentraler Bestandteil der Ausstellung von Marinella Senatore. Am Anfang steht immer ein öffentlicher Aufruf. Die Künstlerin sucht Menschen jeden Altersund Hintergrunds und lädt gezielt Gruppen ein, die selten in Kulturinstitutionen präsent sind oder um soziale Anerkennung kämpfen müssen. Dadurch lenkt sie die Bahnen der öffentlichen Aufmerksamkeit auf Menschen, die sich jenseits der Spielregeln heteronormativer Gesellschaften positionieren. Diese offene, allen zugängliche „Schule“ besteht aus verschiedenen Workshops, die sich um Musik, Tanz, Parkour, Storytelling und vieles mehr drehen. In intensiven Prozessen tritt die Künstlerin in eine Auseinandersetzung mit Kollektiven und Einzelpersonen: Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten, die Lust haben zu performen, zu tanzen, zu singen und zu inszenieren; Menschen, die sich auf einen Prozess des choreographischen Erzählens einlassen wollen,die sich in nicht-hierarchischen Lernprozessen mit Worten und Körpern gegenseitig etwas beibringen. Es sind Amateur*innen und es sind Profis, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten austauschen, einbringen und vermitteln wollen. Es sind Personen mit mehr oderweniger Chancen im bürgerlichen Kunstbetrieb.
Parade in München
Im Museum VILLA STUCK steht ab Anfang Mai 2023 den Mitwirkenden der Parade ein Raum innerhalb der Ausstellung „We Rise by Lifting Others“ zur Nutzung offen; hier können regelmäßig Workshopsund Probenstattfinden. Am 23. Juli wird „The School of Narrative Dance“ mitallen Beteiligten eine Straßenparade gestalten, die sich vom Museum über die Prinzregentenstraße bis zum Odeonsplatz erstreckt. Die Parade soll bewusst zentrale Stadtachsen besetzen, die von den Nazis für ihre Aufmärsche und propagandistischen Massenkundgebungen genutzt wurden. Bei Marinella Senatore treten die Stimmen und die Körper mit ihrem Wissen, ihren Erinnerungen, Erfahrungen und ihren Geschichten in den öffentlichen Raum. Auf diese Weise entsteht in München eine Prozession, die den Spuren der Geschichte im National-sozialismus und den post-nazistischen Einschreibungen in die Stadt folgt –eine antifaschistische Parade im 21. Jahrhundert.
Vor allem im Juli wird es im Vorfeld der Parade ein intensives Workshopprogramm geben. Das Museum steht davor und danach für andereAktivitäten zur Nutzung für alle offen. Das Ziel ist, möglichst viele Bürger*innen zu erreichen, sodass die Schule des narrativen Tanzes in München vielfältigeGeschichten hervorbringen kann.
Zur Künstlerin
Marinella Senatore, 1977 in Cava de‘ Tirreni, Italien, geboren, studierte an der Accademia di Belle Arti di Napoli (1994–97), am Musikkonservatorium (1997) und der Scuola Nazionale di Cinema (1999–2001) in Rom. Sie lebt und arbeitet in Rom.
Ausstellungen (Auswahl):
Manifesta 12; Centre Pompidou; MAXXI Museum; Queens Museum; Kunsthaus Zürich; Castello di Rivoli; Kunsthalle Sankt Gallen; Palais de Tokyo; Schirn Kunsthalle; Museum of Contemporary Art of Chicago; High Line, NY; Madre Museum; Faena Art Forum; Bozar; Kunstverein Ar/Ge Kunst; Petach Tikva Museum; Sandretto Re Rebaudengo Foundation; Serpentine Gallery; CCA Tel Aviv; Musée d’art contemporain de Montréal; ICA, Richmond; BAK Utrecht; Centro de Arte Dos de Mayo Palazzo Grassi; Museum Boijmans Van Beuningen; Moderna Museet; UABB Bi Shenzhen; Biennale de Lyon; Thessaloniki Biennale; Liverpool Biennale; Shiryaevo Biennale; Athens Biennale; Havana Biennale; Göteborg Biennial; Contour –Biennial of the Moving Image, Mechelen; Bienal de Cuenca; 54th Venice Biennale „ILLUMinations“.
Auszeichnungen, Stipendien (Auswahl):
Senatore ist Preisträgerin der 4. Ausgabe des Italian Council, des Art Grant, Dresden, des MAXXIPreises, des Castello di Rivoli-Fellowship, des American Academy in Rome-Fellowship, des New York Prize und des Stipendiums der Dena Foundation.
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