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Avanguardia italiana – Festival UNDERDOX

Der 1937 in Italien geborene Carmelo Bene war schon als Theaterregisseur enfant terrible der Kunstszene. Sein Ruf als guitto, ein sich über alle Konventionen hinwegsetzender Künstler, steigerte sich nochmals, als er 1969 mit Nostra Signora dei Turchi seinen ersten Film realisierte. Sein Angriff auf alles Heilige, auch
der Kunst, versetzte das damalige Italien in einen regelrechten Schock.
Seinem phantasmagorischen Kaleidoskop entsteigt der kollektive Alptraum
von 1480, als die türkische Flotte in Apulien einfiel und ein Massaker
an den Einwohnern beging. – “It made no sense whatever”, attestierte Sight and Sound
euphorisch , eine “neoexpressionistische Explosion von einmaliger Art”,
nannte Amos Vogel den Film. Noch heute gilt der 2002 verstorbene
Carmelo Bene, der insgesamt nur fünf Filme realisierte, als Meister des
experimentellen Films und Nostra Signora dei Turchi als sein Chef d’œuvre.Carmelo Bene war eng mit Alberto Grifi verbunden. Mit La verifica incerta schuf dieser 1965 (zusammen mit Gianfranco Baruchello) einen Meilenstein des Montagefilms. “La verifica incerta
montiert elegant und polemisch. Der Schuss-Gegenschuss erfährt hier die
heitere Demontage”, schrieb Harun Farocki zur Wiederentdeckung des
Films vor zwei Jahren, den UNDERDOX zusammen mit einigen anderen
zentralen internationalen Found-Footage-Werken zeigt.​La verifica incerta (Uncertain Verification)Samstag, 11. Oktober, 18.30 UhrRegie: Gianfranco Baruchello, Alberto Grifi Italien 1965, 31 Min. – 16mm – ital. OmeUDas
erste Meisterwerk der italienischen Nachkriegsavantgarde: ein
Found-Footage-Film, der primär aus Cinemascope-Szenen diverser
italienisch synchronisierter Hollywood-Klassiker besteht – wobei der
Film selbst im Standardformat zu zeigen ist, also alle Bilder famos
absurd gestaucht ausschauen. Rhythmus ist der Schlüssel – man erfreue
sich zum Beispiel an einer Szene, in der Grifi und Baruchello allein
mittels Montage aus dem Auf- und Zuknallen diverser Türen ein
knack-zackiges Stück Musique concrète komponieren. Als guter Geist des
Projektes tritt auf: Marcel Duchamp (unverzerrt). – Viennale 2012 Nostra Signora dei Turchi (Our Lady of the Turks)Samstag, 11. Oktober, 21 UhrRegie: Carmelo Bene Darsteller: Carmelo Bene, Lydia Mancinelli, Dalvatore Siniscalchi, Anita Mashini u.a. Italien 1968, 142 Min. – 35mm – ital. OmeU Spezialpreis der Jury, Venedig 1968 Ausgehend
von eigenen Kindheitserinnerungen an die Hafenstadt Otranto auf der
Apenninen-Halbinsel, erzählt Bene ein Ereignis im August 1480, als eine
osmanische Flotte die Stadt einnahm und alle 800 Einwohner tötete. Eine
„Geschichte“ gibt es kaum, allein Handlungen, die symbolisch aufgeladen
oder auch blühender Blödsinn sind und in definitiver Weise unterlegt
mit Anton Karas und Puccini, Maurice Jarre und Verdi. Und prächtig sieht
es aus, manchmal gediegen, manchmal feist, dann plötzlich campy oder
trashy, theatralisch und dekadent und manchmal arg verstiegen. Poesie
des Goldlamée. Melodram ohne Morgen, Erlösung im Exzess. Carmelo Bene
wollte es seinem ¬Vaterland kulturell so richtig derb besorgen, ihm den
Melosmarsch blasen, und dies hat er getan. – Olaf MöllerWeitere Infos zum Festival unter http://www.underdox-festival.de/de/programm.htm